Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur

Get access Subject: Jewish Studies
Edited by: Dan Diner

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Von Europa über Amerika bis zum Vorderen Orient, Nordafrika und anderen außereuropäischen jüdischen Siedlungsräumen erschließt die Enzyklopädie die neuere Geschichte der Juden von 1750 bis 1950.

Rund 800 Stichwörter präsentieren den Stand der internationalen Forschung und entwerfen ein vielschichtiges Porträt jüdischer Lebenswelten - illustriert durch viele Karten und Abbildungen. Übergreifende Informationen zu zentralen Themen vermitteln ca. 40 Schlüsselartikel zu Begriffen wie Autonomie, Exil, Emanzipation, Literatur, Liturgie, Musik oder Wissenschaft des Judentums. Die Enzyklopädie stellt Wissen in einen Gesamtkontext und bietet Wissenschaftlern und Interessierten neue Einblicke in die jüdische Geschichte und Kultur. Ein herausragender Beitrag zum Verständnis des Judentums und der Moderne.

Die Enzyklopädie Jüdischer Geschichte und Kultur Online basiert auf der gedruckten Ausgabe Enzyklopädie Jüdischer Geschichte und Kultur von J.B. Metzler Verlag (2011–2015), herausgegeben von Dan Diner.

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Ma’ase Toviya

(1,819 words)

Author(s): Sadowski, Dirk
Das auf Hebräisch verfasste, erstmals 1707 in Venedig gedruckte Ma’ase Toviya (Werk des Tobias) gilt als eines der bedeutendsten Werke der frühen Haskala. Sein Verfasser, der Arzt Tobias Hakohen (1652–1729), präsentierte in seinem lexikonartigen Werk neue astronomische und medizinische Erkenntnisse. Die Verbindung von naturwissenschaftlichem Wissen mit Elementen rabbinischer Gelehrsamkeit und traditionellen Wissensbeständen machte das Buch sowohl für ein aufgeklärtes als auch konservatives Lesepublikum attraktiv, was sich in zahlreichen Neuauflagen niederschlug. D…

Madagaskar-Plan

(3,231 words)

Author(s): Tonini, Carla
In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre entwickelten polnische Regierungskreise mit Unterstützung Frankreichs das Vorhaben, einen Großteil der polnischen Juden auf der Insel Madagaskar anzusiedeln. Hintergrund waren sowohl polnische Ambitionen des Erwerbs einer Kolonie als auch der in Polen weitverbreitete Antisemitismus, der die Juden als wirtschaftliche Belastung brandmarkte. Nach einer erfolglos verlaufenen Erkundungsmission und einem Regierungswechsel versagte Frankreich dem Plan im Frühjahr …

Magdeburger Recht

(1,300 words)

Author(s): Hausmann, Guido
Die aus Magdeburg stammende städtische Rechtsordnung des 12. Jahrhunderts dehnte sich in Mittelalter und früher Neuzeit weit in das östliche Europa aus. Eine mit dem Magdeburger Recht bewidmete Stadt schied aus dem zuvor gültigen Landrecht aus und erhielt eine eigene Stadtverfassung. Je nach Geltung dieser Rechtsordnung auch für Juden wirkte sie sich auf ihre städtische Inklusion oder Exklusion aus. Darüber hinaus war sie von Bedeutung für das Maß jüdischer Autonomie. Mit den Teilungen Polen-Litauens kam die Geltung des Magdeburger Rechts Ende des 18. Jahrhunderts an ihr Ende. D…

Magnum

(1,870 words)

Author(s): Soltes, Ori Z.
Name der 1947 in New York gegründeten internationalen Kooperative freischaffender Fotografen. Magnum Photos ist insbesondere mit dem Fotojournalismus ihres Mitbegründers Robert Capa (1913–1954) verbunden. Zum Œuvre des aus einer ungarisch-jüdischen Familie stammenden Capa (Endre Friedmann) zählen die Fotoaufnahmen an und hinter den Fronten von fünf Kriegen in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Capas visuelle Kriegsberichterstattung gilt als wegweisend und sein Einfluss auf die Fotografie im Allgemeinen ist unverkennbar. Mit Magnum Photos verwirklichten ihre Gründe…

Maigesetze

(1,678 words)

Author(s): Kopstein, Jeffrey
Bezeichnung für eine 1882 in Russland unter Zar Alexander III. erlassene, Juden diskriminierende Verordnung. Sie zielte darauf, die jüdische Präsenz im Ansiedlungsrayon auf die Städte zu begrenzen, Bodenbesitz sowie Pacht und Güterverwaltung durch Juden einzuschränken und jüdische Handelstätigkeit an Sonn- und christlichen Feiertagen zu unterbinden. Die Verordnung wurde in der Folge einer Reihe von Pogromen nach der Ermordung Zar Alexander II. erlassen…

Manhattan Project

(3,731 words)

Author(s): Balke, Ralf
1942 initiiertes US-amerikanisches Projekt, das zum Bau der ersten Nuklearwaffe führte. Für das bei Los Alamos, New Mexico, angesiedelte Manhattan Project, in dem die Vereinigten Staaten die Nuklearforschung betrieben, waren bis zu 129 000 Personen tätig. Führend unter den Forschern waren zahlreiche vor der Ausbreitung der nationalsozialistischen Herrschaft in Europa geflohene jüdische Naturwissenschaftler. Das Projekt bot ihnen die Möglichkeit, weiterhin wissenschaftlich t…

Mantua

(3,003 words)

Author(s): Miletto, Gianfranco
Im oberitalienischen Herzogtum Mantua regierte zwischen 1328 und 1708 die Adelsfamilie Gonzaga. Aufgrund ihrer pragmatischen und moderaten Politik gegenüber den Juden entfaltete sich in der Residenzstadt der Gonzaga ein blühendes jüdisches Leben. Von der Renaissance bis zum Ende des 17. Jahrhunderts florierten dort Wirtschaft, Wissenschaften und Künste. Mit der Eingliederung Mantuas ins Habsburgerreich 1708 setzte der ökonomische und kulturelle Verfall des Stadtstaats ein, der die jüdische Gelehrsamkeit aber nicht völlig zum Erliegen brachte. 1. Siedlungsgeschichte,…

Maqam

(2,663 words)

Author(s): Seroussi, Edwin
Autochthone arabische Kompositionstechnik, die in den urbanen Zentren der gesamten islamischen Welt Fuß fasste und auch in die Musikpraxis der dort lebenden Juden Eingang fand. Zur umfassendsten »Maqamisierung« des Repertoires kam es unter den sephardischen Juden im Osmanischen Reich. Unter dem Einfluss spekulativer Mystik ordneten sie im 16. Jahrhundert zunächst ihre religiösen Hymnen ( piyutim ) für paraliturgische Gelegenheiten den osmanisch-türkischen Maqamen zu. Später eroberte das Prinzip des Maqam die gesamte Liturgie d…

Marienbad

(2,899 words)

Author(s): Zadoff, Mirjam
Das Kurbad Marienbad (Mariánské Lázně) im heutigen westlichen Tschechien bildete gemeinsam mit den benachbarten Kurorten Karlsbad (Karlovy Vary) und Franzensbad (Františkovy Lázně) für beinahe einhundert Jahre das Zentrum eines internationalen jüdischen Bädertourismus. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts zog Marienbad jüdische Kurgäste unterschiedlichen sozialen Stands und kulturellen wie religiösen Selbstverständnisses aus allen Gebieten Europas, zunehmend auch aus Amerika und Palästina an. Das…

Marrakesch

(2,787 words)

Author(s): Balke, Ralf
Stadt im Südwesten Marokkos, die über Jahrhunderte hinweg eines der bedeutendsten politischen und wirtschaftlichen Zentren des Landes war. Sie beherbergte bis ins 20. Jahrhundert hinein die größte jüdische Gemeinde des Landes. Die Juden Marrakeschs besaßen als Kaufleute, Finanziers und Emissäre der verschiedenen Herrscherdynastien eine zentrale Rolle im Wirtschaftsleben des Sultanats und behielten diese Stellung auch während der Zeit als französisches Protektorat bei. Nach der Unabhängigkeit Mar…

Märtyrer

(3,810 words)

Author(s): Heil, Johannes
Märtyrertum als Tod in Verteidigung der eigenen Religion oder aus Verweigerung der Zwangskonversion ist keine bereits in der hebräischen Bibel geläufige Vorstellung. Doch wurden in der antiken rabbinischen Literatur halachische Bedingungen formuliert, in denen eine »Heiligung des göttlichen Namens« ( kiddush ha-Shem), also ein Märtyrertod, erlaubt oder gar erforderlich ist. Seit den mittelalterlichen Kreuzzugsverfolgungen wurde das jüdische Martyrium von einigen rabbinischen Autoritäten zu einem literarischen Ideal erhoben (Klage), nic…

Marx Brothers

(2,325 words)

Author(s): Köppl, Rainer M.
Die fünf Marx Brothers Leonard (1887–1961), Arthur (urspr. Adolph; 1888–1964), Julius Henry (1890–1977), Milton (1892–1977) und Herbert (1901–1979) kamen als Söhne europäischer Immigranten in New York zur Welt. Unter ihren Bühnennamen Chico, Harpo, Groucho, Gummo und Zeppo erlangten sie als Theater-, Film-, Radio- und TV-Komiker Berühmtheit. Die Marx Brothers waren zur ihrer Zeit einzigartig, weil sie Slapstick mit Poesie verbanden, Sprachakrobatik und Absurdität mit Surrea…

Maschhad

(2,608 words)

Author(s): Nissimi, Hilda
Hauptstadt der Provinz Chorasan im Nordosten Irans und eine der wichtigsten heiligen Stätten des schiitischen Islam. Auf Initiative des persischen Herrschers Nādir Shāh ließen sich dort Mitte des 18. Jahrhunderts mehrere jüdische Familien nieder und gründeten eine prosperierende Gemeinde, die jedoch im Jahr 1839 erst Opfer eines gewalttätigen Übergriffs und dann einer Zwangskonversion zum Islam wurde. Dennoch blieben die Juden in Maschhad ihrer Religion im Verborgenen treu. Als »Maschhadis« entw…

Maskila

(3,373 words)

Author(s): Cohen, Tova
Als maskila (hebr., Pl. maskilot) wird eine gebildete jüdische Frau bezeichnet, die sich an der jüdischen Aufklärungsbewegung (Haskala) beteiligte. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts befürworteten Aufklärer (Maskilim) aus den jüdischen Gemeinden des östlichen Europa nicht nur eine säkulare Schulbildung für Mädchen, sondern daneben auch die Vermittlung traditioneller Werte und insbesondere der hebräischen Sprache. Erst mittels dieser Sprachkenntnisse konnten jüdische Mädchen und Frauen an den auf He…

Maskilim

(2,815 words)

Author(s): Zalkin, Mordechai
Vom Beginn des 19. Jahrhunderts an verbreitete sich die jüdische Aufklärung (Haskala) auch unter den bis dahin traditionellen jüdischen Gemeinschaften im östlichen Europa. Viele der dortigen Aufklärer (hebr. maskilim, Sg. maskil) setzten sich als Lehrer, Schriftsteller oder Journalisten für aufklärerische Ideen wie Rationalismus, Humanismus und Liberalismus ein. Verbreitung fand dieses Ideengut über neu geschaffene Bildungseinrichtungen und Publikationen. Getragen wurde die Haskala im östlichen Europa allerdings mehrheitlic…

Masse

(3,142 words)

Author(s): Donahue, William Collins
Wenngleich schon vor ihm zahlreiche Denker ihre Aufmerksamkeit auf das Phänomen der Masse richteten, war es der jüdische Autor und Gesellschaftstheoretiker Elias Canetti (1905–1994), der den Begriff der Masse zum Mittelpunkt seines Denkens machte ( Masse und Macht, 1960). Originär ist Canetti vor allem in seinem Beharren auf dem positiven Potential der Masse. Während er zunächst alle Religionen als Komplizen der Macht ablehnte und den Holocaust in seinen Schriften eher nebensächlich behandelte, artikulierte er in seinen späten auto…

Mathematik

(4,292 words)

Author(s): Epple, Moritz
Mathematisches Wissen und die Verwendung mathematischer Verfahren begleiten die Menschheit seit ihren Anfängen und sind greifbar seit den frühesten erhaltenen schriftlichen Zeugnissen. Spätestens seit dem Mittelalter wurde die Mathematik auch ein wichtiges Feld jüdischer Gelehrsamkeit. Im modernen Europa, und besonders im deutschsprachigen Raum, ergab sich eine außergewöhnlich hohe Beteiligung von Juden an der Wissenschaftskultur der Mathematik. Nahezu alle jüdischen oder aus jüdischen Familien …

Matthäuspassion

(2,521 words)

Author(s): Dahm, Annkatrin
Die Matthäuspassion Johann Sebastian Bachs, ein Höhepunkt der protestantischen Kirchenmusik, markiert ein zentrales Moment im Wirken ihres »Wiederentdeckers« Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847). In der Biographie des protestantisch getauften Enkels des großen jüdischen Aufklärers Moses Mendelssohn verbinden sich Judentum und Christentum, deutsches Bürgertum und englische Kultur. Gleichzeitig weist sein pluralistisches Selbstbild zwischen jüdischer Zugehörigkeit und antizipierender Integratio…

Mayufes

(1,884 words)

Author(s): Werb, Bret
Mayufes ist der jiddische Titel der traditionellen hebräischen Schabbathymne Ma Yafit. In Polen wurde das paraliturgische Lied zum Gegenstand des Spotts und verschiedener Formen der Parodie, die von der Belustigung polnischer Feudalherren im 19. Jahrhundert über das musikalische Entertainment im urbanen Milieu bis in die Gettos und Konzentrationslager (S’brent) der Nazis reichten. Die verschiedenen Stationen des Lieds sowie die changierende Semantik des Begriffs werfen ein Licht auf die komplexen polnisch-jüdischen Beziehungen im 19. und 20. Jahrhundert. 1. Vom Schabb…

Mäzene

(1,973 words)

Author(s): Cohen, Richard I.
Wohltätigkeit ist im Judentum ein religiöses Gebot ( miẓwa; Mizwot). Seit dem 18. Jahrhundert stieg die Zahl jüdischer Philanthropen, die ihre Mittel nicht nur karitativen Zwecken zur Verfügung stellten, sondern auch die Künste förderten. Zunehmend bestimmten der soziale und finanzielle Status von Mäzenen, ihr ästhetischer Geschmack und das Empfinden der Zugehörigkeit zu ihrem Heimatort die verschiedenen philanthropischen Unternehmungen, während die Bindung an das in der Tradition begründete Gebot zurücktrat. 1. Wohltätigkeit als religiöse Pflicht In traditionellen j…

Medizin

(2,784 words)

Author(s): Sinclair, Daniel
Im Spannungsfeld zwischen rechtlichen und theologischen Argumenten wandelte sich das Verhältnis von Medizin und Judentum immer wieder. Korrespondierend mit dem Fortschritt der ärztlichen Disziplinen wurde in der Halacha die frühe Skepsis zugunsten einer praxisnahen Reflexion medizinethischer Fragestellungen weitgehend aufgegeben. Diese Entwicklung beruht maßgeblich auf dem in Bibel und rabbinischer Traditionsliteratur verwurzelten Grundsatz des besonderen Respekts vor dem Leben. 1. Bibel Mehrere Passagen der hebräischen Bibel (Tanach) schreiben Gott dire…

Megalle Temirin

(2,900 words)

Author(s): Meir, Jonatan
Megalle Temirin (Offenbarer von Geheimnissen, 1819) ist eines der wichtigsten antichassidischen Werke. Sein Autor, der jüdische Aufklärer Joseph Perl (1773–1839), führte mit seinem hebräischen Briefroman nicht nur eine neue satirische Schreibweise ein, er begründete auch einen spezifischen literarischen Diskurs der Auseinandersetzung mit Haskala und Chassidismus. Wenngleich das Werk hinsichtlich der beabsichtigten Eindämmung der chassidischen Bewegung wirkungslos blieb, hatte es nachhaltigen Einf…

Meḥiẓa

(4,038 words)

Author(s): Baskin, Judith R.
Das hebräische Wort meḥiẓa bedeutet wörtlich »Teilung« oder »Trennwand«. Es bezeichnet ursprünglich die Abgrenzung, mit der in der Synagoge der Betraum der Frauen von dem der Männer geschieden wird, um die betenden Männer vor Ablenkung durch den Anblick des weiblichen Geschlechts zu schützen. In metaphorischem Sinn steht der Begriff meḥiẓa für die Geschlechterhierarchie im traditionellen Judentum. Die räumliche Trennung von Männern und Frauen, wie sie seit dem 12. Jahrhundert in Synagogen üblich war, und deren Rücknahme im Zuge der Reformbeweg…

Mekiẓe Nirdamim

(1,811 words)

Author(s): Thulin, Mirjam
Der 1862 gegründete und noch heute existierende Verein Mekiẓe Nirdamim (Erwecker der Schlummernden) widmet sich der wissenschaftlichen originalsprachlichen Edition seltener, kaum zugänglicher hebräischer Handschriften und Druckwerke sowie dem internationalen Austausch unter jüdischen Gelehrten und Forschern. Sein Sitz folgte dem Lebensmittelpunkt seiner leitenden Mitglieder vom ostpreußischen Lyck über Berlin nach Frankfurt am Main und Kopenhagen; seit 1934 ist er in Jerusalem beheimatet. Mekiẓe Nirdamim legte bis 1970 über hundert edierte Werke vor; seit …

Mekka

(4,198 words)

Author(s): Schulze, Reinhard
Der Begriff Mekka bildet ein zentrales Motiv in dem autobiographischen, 1954 in New York veröffentlichten Buch The Road to Mecca des im habsburgischen Galizien aufgewachsenen jüdischen Journalisten Leopold Weiss (1900–1992, nach 1926 Muhammad Asad). Darin behandelt Weiss nicht nur seine Konversion zum Islam, die er 1926 in Berlin und im Jahr darauf nochmals in Kairo vollzog, sondern zugleich die biographischen Wege, die ihn 1927 nach Mekka führten. Weiss' Weg nach Mekka steht für jene Konversionen jüdischer Autoren zum Islam, die im Berlin der 1920er Jahre erfolgt…

Melbourne

(2,903 words)

Author(s): Dreyfus, Kay | Stratton, Jon
Der Ursprung der jüdischen Gemeinschaft Australiens reicht bis zu den Anfängen der europäischen Besiedlung im Jahr 1788 zurück. Obwohl Juden nie mehr als 0,4 Prozent der Gesamtbevölkerung Australiens ausmachten, kam ihnen im komplexen australischen Narrativ von »Rasse« und »Nation« eine wechselhafte und zuweilen ambivalente Bedeutung zu. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Melbourne zu einem bevorzugten Ort jüdischer Einwanderung. Nach dem Zweiten Weltkrieg zählte Melbourne zu d…

Mellah

(1,499 words)

Author(s): Gottreich, Emily Benichou
In Marokko wurden auf Geheiß der Obrigkeit seit dem 15. Jahrhundert separate, ummauerte Stadtviertel errichtet, in denen sich Juden anzusiedeln hatten. Die als Mellah bezeichneten Viertel waren Teil der differenzierten Topographie marokkanischer Städte und Ausdruck der komplexen Beziehungen zwischen Juden und Muslimen. Während sie vordergründig der Segregation wie dem Schutz der jüdischen Bevölkerung dienten, waren ihre Grenzen häufig durchlässig und erlaubten soziale Interaktion. Mit dem franzö…

Melting Pot

(2,208 words)

Author(s): Rochelson, Meri-Jane
Titel eines Theaterstücks des britisch-jüdischen Autors und Aktivisten Israel Zangwill (1864−1926), das 1908 in Washington uraufgeführt wurde. Melting pot ist zugleich ein durch das Stück popularisiertes Konzept im politischen Diskurs Amerikas, demzufolge die Vereinigten Staaten, einem Schmelztiegel gleich, Einwanderer aus aller Welt in neue Menschen, Amerikaner, verwandeln. Das Konzept steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Gedanken des jüdischen Territorialismus, den Zangwill zur gleichen Zeit vertrat. 1. Konzept und Theaterstück Die Vorstellung von de…

Memento Mori

(3,762 words)

Author(s): Miron, Dan
Titel eines Gedichts des jiddischen Dichters Moyshe-Leyb Halpern (1886–1932) aus seinem ersten Gedichtband In Nyu York (1919). Memento Mori ist ein Beispiel für die Fähigkeit des Dichters, eine sehr persönliche Äußerung in lebendige jiddische Umgangssprache zu kleiden. Im Kontext moderner Lyrik illustriert das Gedicht somit Halperns unverwechselbare Synthese von modernem Individualismus und der Dynamik des Jiddischen als der Sprache der »einfachen Leute«. 1. Einführung Basierend auf einem strophischen Aufbau, eindringlichen Wiederholungen und einem Refrain, …

Menora

(1,941 words)

Author(s): Juhasz, Esther
Siebenarmiger Leuchter (hebr. menora, Pl. menorot), der im antiken Israel zu den Gerätschaften der Stiftshütte und später zu den Kultgegenständen des Ersten und Zweiten Tempels in Jerusalem zählte. Neben ihrer praktischen Funktion im Tempelkult kommt der Menora seit biblischen Zeiten ein hoher Symbolwert zu. Seit 1948 ziert sie das Wappen des Staates Israel. 1. Stiftshütte und Tempel Das Buch Exodus berichtet, dass Moses nach dem Empfang der Zehn Gebote am Berg Sinai von Gott den Auftrag erhielt, ein bewegliches Zeltheiligtum (hebr. mishkan) zu errichten, zu dem auch die Bun…

Menschenrechte

(3,186 words)

Author(s): Moyn, Samuel
Angesichts der Verheerungen des Zweiten Weltkriegs mehrten sich Bemühungen, im Rahmen der im Entstehen begriffenen Vereinten Nationen eine internationalrechtliche Kodifizierung der Menschenrechte herbeizuführen. Bereits im ausgehenden 18. Jahrhundert war mit der Französischen Revolution und den in der amerikanischen Verfassung verkündeten Menschen- und Bürgerrechten eine rechtliche Gleichstellung der Juden bewirkt worden. Wesentlichen Einfluss auf die Abfassung der 1948 in …

Messianismus

(2,721 words)

Author(s): Löwy, Michael
Der Messianismus ist ein zentraler thematischer Vektor des Judentums, der die jüdische Geschichte von der Bibel bis in die Moderne durchzieht. Im Mitteleuropa des 20. Jahrhunderts bildete sich ein heterodoxer, romantischer und utopischer Messianismus heraus, für den Autoren wie Martin Buber, Gustav Landauer und Ernst Bloch stehen. Sie bezeugen eine Affinität zwischen jüdischem Messianismus und sozialistischer Utopie. 1. Traditionen Der Ursprung des jüdischen Messianismus liegt bei den biblischen Propheten. In Jesaja 11, einer der zahlreichen messianisc…

Metropolis

(3,055 words)

Author(s): Ashkenazi, Ofer
Mit bis dahin ungekanntem choreographischen Aufwand präsentierte 1927 der Film Metropolis eine düstere urbane Zukunftsvision. Sein Regisseur Fritz Lang (1890–1976) prägte mit zahlreichen weiteren Stumm- und Tonfilmen die Weiterentwicklung des Films in der Weimarer Republik und nach seiner Emigration auch in den Vereinigten Staaten. Der in Wien geborene Sohn eines katholischen Vaters und einer Mutter jüdischer Herkunft griff in Metropolis die Erfahrung der modernen Großstadt als ein wesentliches Sujet des deutschen Films der ersten Jahrzehnte des 20. Jah…

Metz

(3,303 words)

Author(s): Meyer, Pierre-André
Die in der nordfranzösischen Provinz Lothringen gelegene Stadt Metz beheimatete am Vorabend der Französischen Revolution die größte jüdische Gemeinde des Landes. Sie war zugleich Ausgangspunkt einer 1785 beginnenden Debatte über die rechtliche und gesellschaftliche Stellung der Juden in Frankreich. Die Diskussionen hatten maßgeblichen Einfluss auf das am 27. September 1791 durch die verfassungsgebende Versammlung beschlossene Dekret, das allen Juden des Landes die vollen Bü…

Mexiko-Stadt

(3,371 words)

Author(s): Graf, Philipp
Die mexikanische Hauptstadt beherbergte zwischen 1941 und 1946 eine kleine, aber höchst einflussreiche Exilgemeinde deutschsprachiger Kommunisten. Abgeschnitten von den Weisungen der Parteilinie aus Moskau und herausgefordert durch eine hohe Zahl jüdischer Flüchtlinge vor Ort, ließ die Gruppe um den hochrangigen Funktionär der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) Paul Merker der Vernichtung der europäischen Juden ungekannte Aufmerksamkeit zuteilwerden. Auch wenn das mexikanische Exil in die…
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