Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur

Zugang erwerben Fachgebiet: Judaistik
Edited by: Dan Diner

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Von Europa über Amerika bis zum Vorderen Orient, Nordafrika und anderen außereuropäischen jüdischen Siedlungsräumen erschließt die Enzyklopädie die neuere Geschichte der Juden von 1750 bis 1950.

Rund 800 Stichwörter präsentieren den Stand der internationalen Forschung und entwerfen ein vielschichtiges Porträt jüdischer Lebenswelten - illustriert durch viele Karten und Abbildungen. Übergreifende Informationen zu zentralen Themen vermitteln ca. 40 Schlüsselartikel zu Begriffen wie Autonomie, Exil, Emanzipation, Literatur, Liturgie, Musik oder Wissenschaft des Judentums. Die Enzyklopädie stellt Wissen in einen Gesamtkontext und bietet Wissenschaftlern und Interessierten neue Einblicke in die jüdische Geschichte und Kultur. Ein herausragender Beitrag zum Verständnis des Judentums und der Moderne.

Die Enzyklopädie Jüdischer Geschichte und Kultur Online basiert auf der gedruckten Ausgabe Enzyklopädie Jüdischer Geschichte und Kultur von J.B. Metzler Verlag (2011–2015), herausgegeben von Dan Diner.

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Kohelet Musar

(1.266 Wörter)

Autor(en): Pelli, Moshe
Von Moses Mendelssohn (1729–1786; Bi’ur) und seinem Freund Tuvia (möglicherweise Tuvia [Tobias] Bock) um 1755 in Deutschland verfasste und herausgegebene hebräische Zeitschrift. In ihrem Bestreben, eine Verbindung zwischen der Aufklärung und dem Judentum herzustellen, reflektiert Kohelet Musar (Moralprediger) die literarischen und philosophischen Strömungen der Zeit und weist auf die Haskala voraus. Vor allem zeugt sie von dem wachsenden Verlangen, die hebräische Sprache und ihre Literatur wiederzubeleben und einer gemäßigten Form von Aufklärung den Weg zu bahnen. Kohel…

Kol Nidre

(1.493 Wörter)

Autor(en): Edelman, Marsha Bryan
Die Gebetsformel Kol Nidre (aram. kol nidre, alle Gelübde) hat die Entbindung von Gelübden zum Inhalt. Seit dem Mittelalter leitete ihre Rezitation in den aschkenasischen Gemeinden den Versöhnungstag Jom Kippur ein. Wegen der Gefahr einer Fehldeutung als generelle Entbindung von Verpflichtungen war das Kol Nidre Gegenstand innerjüdischer Kritik und diente Antisemiten als willkommene Vorlage. Aufgrund seiner prägnanten Melodie erfuhr es zahlreiche moderne Vertonungen. 1. Herkunft und Geschichte Das jüdische Gesetz (Halacha) verbietet es, unüberlegte Versprechung…

Kolonisation

(3.475 Wörter)

Autor(en): Schenkolewski-Kroll, Silvia
Vom frühen 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts bestanden innerhalb des russischen Ansiedlungsrayons und später in der Sowjetunion sowie auch außerhalb Europas zahlreiche jüdische landwirtschaftliche Kolonien. Die Ansiedlung von Juden auf dem Land zielte auf eine Veränderung ihrer Berufsstruktur und sollte ihnen die Möglichkeit eröffnen, Orte zu verlassen, wo sie unter sozialer und wirtschaftlicher Benachteiligung und Bedrückung litten. In der finanziellen Förderung von Siedlungsprojekten tat …

Komintern

(2.842 Wörter)

Autor(en): Koenen, Gerd
Die 1919 in Moskau gegründete Kommunistische Internationale (Komintern) war als demokratisch-zentralistisch organisierte »Weltpartei« ein historisch einmaliges Unternehmen. Allerdings blieb sie jederzeit den Imperativen der sowjetischen Politik untergeordnet. Jüdische Kommunisten spielten in der Komintern eine anfangs formative und prominente, insgesamt aber transitorische Rolle. Zu den Motiven ihrer Beteiligung zählen Impulse der Flucht aus einer jüdischen Sonderexistenz oder aus dem Judentum s…

Kommentar

(5.171 Wörter)

Autor(en): Adelman, Rachel
Der Kommentar als Erklärung und Auslegung eines grundlegenden Textes des Judentums, vor allem der hebräischen Bibel (Tanach), ist das zentrale Medium traditionellen literarischen Schaffens der Juden. Die Geschichte des Kommentars beginnt mit den Anfängen der Kanonisierung im 5. Jahrhundert v. d. Z., als der Schriftgelehrte Esra das »Gesetz Gottes« erstmals mit der Tora (Pentateuch) gleichsetzte, und setzt sich fort bis zu den historisch-kritischen und literaturwissenschaftlichen Interpretationen…

König Lear

(2.085 Wörter)

Autor(en): Hofmann, Stefan
Paraderolle des Schauspielers und Direktors des Moskauer Jiddischen Staatstheaters ( GosET) Solomon Mikhoels (1890–1948). Seine Inszenierung von Shakespeares König Lear gilt als eine der herausragenden Auslegungen des Stücks; charakteristisch für sie ist ihre Doppeldeutigkeit von Bejahung des sozialistischen Realismus und Kritik am Stalinismus. Mikhoels Rollen und Inszenierungen umfassen das Spektrum vom klassischen Drama bis hin zum Schtetl-Film Yidishe glikn. In ihrer Vielfalt und ambivalenten interpretatorischen Anlage reflektieren sie die Spielarte…

Konversion

(2.700 Wörter)

Autor(en): Endelman, Todd M.
Die Konversion vom Judentum zum Christentum erfolgte in der Moderne meist weniger aus religiöser Überzeugung, sondern aus gesellschaftlichen Gründen. Sie entsprang dem Wunsch nach Zugang zu Bereichen, von denen Juden aufgrund gesetzlicher Vorgaben oder bestimmter Traditionen ausgeschlossen waren. Weil Konversionen meist aus solchen weltlichen Beweggründen erfolgten, spiegeln sie immer den rechtlichen Status der Juden, ihre soziale Stellung, ihre Sehnsüchte und ihre Erwartungen an die Zukunft wider. 1. Emanzipation und Aufklärung Ungeachtet der Verbreitung aufkläre…

Koran

(2.497 Wörter)

Autor(en): Lassner, Jacob
Die Heilige Schrift des Islam ist der Überlieferung nach eine göttliche Offenbarung an den Propheten Muhammad (570–632). Im christlichen Europa war das Verständnis des Korans lange Zeit durch eine religiös und weltanschaulich motivierte Ablehnung geprägt. Im 19. Jahrhundert führte Abraham Geiger (1810–1874), einer der prominentesten Vertreter der Wissenschaft des Judentums, den historisch-quellenkritischen Ansatz in die Koranforschung ein. In Anlehnung an die protestantisch…

Kosaken-Verfolgungen

(4.378 Wörter)

Autor(en): Rohden, Frauke von
1648 erhoben sich benachteiligte ukrainische Kosaken sowie die religiös unterdrückte ruthenische Bevölkerung gegen die Herrschaft Polen-Litauens. Die dort ansässigen Juden standen häufig im Dienst der polnischen Magnaten (adlige Großgrundbesitzer) und galten unter den autochthonen Ruthenen als deren Statthalter. Vor allem in den ersten beiden Jahren des Aufstands, aber auch während der sich unmittelbar anschließenden Kriege, die bis 1660 bzw. 1667 andauerten, wurden vermutlich mehr als 20 000 Ju…

Kosher Nostra

(2.193 Wörter)

Autor(en): Rockaway, Robert
Spöttische Bezeichnung für kriminelle jüdische Vereinigungen in den Vereinigten Staaten. Kosher Nostra spielt auf die als Cosa Nostra (Unsere Sache) bekannt gewordene italienisch-amerikanische Mafia an. In kleinerer Zahl hatten sich vor dem Ersten Weltkrieg jüdische Gangster und Gangsterbanden in den jüdischen Vierteln amerikanischer Großstädte etabliert. Insbesondere die lukrativen neuen Betätigungsfelder, die sich dem organisierten Verbrechen infolge der Prohibition von 1920 boten, zogen auch zahlreiche jüdisc…

Kosmopoliten

(2.076 Wörter)

Autor(en): Murav, Harriet
Die sogenannte Kosmopolitenverfolgung markiert die letzte Phase stalinistischer Politik gegenüber den Juden in der Sowjetunion zwischen 1948 und 1953. Der Begriff »kosmopolitisch« war dabei eine despektierliche Zuschreibung, die geradezu als Synonym für alles Nichtrussische gebraucht wurde. Auf dem Höhepunkt der Kampagne richtete sich die Denunziation mit der Bezeichnung »wurzellose Kosmopoliten« insbesondere gegen jüdische Theaterkritiker. 1. Begriff Die lange und wechselhafte Geschichte des Kosmopolitismus reicht mindestens bis ins 5. Jahrhundert v…

Kowno

(2.657 Wörter)

Autor(en): Matthäus, Jürgen
Stadt in Litauen (russ.; litauisch: Kaunas; jidd.: Kovne), in der Zwischenkriegszeit litauische Hauptstadt. Im Zweiten Weltkrieg stand die Stadt unter deutscher Besatzung (24. Juni 1941 bis 31. Juli 1944) und fungierte als Verwaltungszentrale, von der aus Wehrmacht, Sicherheitspolizei und SD (Einsatzgruppe A) sowie (seit Ende Juli 1941) die Zivilverwaltung ihre Politik der Ausplünderung und der Vernichtung der Juden in Litauen koordinierten. Schon im Sommer 1941 – und damit früher als in anderen…

Koẓo shel Yud

(1.919 Wörter)

Autor(en): Stanislawski, Michael
Das 1875 erschienene Koẓo shel Yud (Das Tüpfelchen des [hebräischen Buchstabens] Yud), das bekannteste Gedicht des russisch-jüdischen Dichters Jehuda Leib Gordon, ist ein Aufruf zur Befreiung der jüdischen Frau aus religiös-patriarchalischer Unterdrückung. Gordon (1831–1892) entwickelte einen neuen hebräischen Stil und beeinflusste die Entstehung des hebräischen Romans maßgeblich. Darüber hinaus war er ein exponierter Vertreter der jüdischen Aufklärung in Russland, der sich insbesondere für die religiöse G…

Krakau

(3.536 Wörter)

Autor(en): Kozińska-Witt, Hanna | Schick, David
Die südpolnische Stadt Krakau (poln. Krakόw, jidd. Kroke) und ihre Vorstadt Kazimierz waren im 16. und 17. Jahrhundert ein bedeutendes jüdisches Zentrum im östlichen Europa. Nach der Vereinigung beider Orte zu Beginn der Zeit der Teilungen Polens wurde Krakau zwischen 1795 und 1918 unter habsburgischer Herrschaft zum Kristallisationspunkt der besonderen Emanzipationsgeschichte der Juden Galiziens, die von einer kulturellen Polonisierung gekennzeichnet war. Neben der propolnischen Einstellung der…

Kristallnacht

(4 Wörter)

s. Novemberpogrom

Kritische Theorie

(7 Wörter)

s. Institut für Sozialforschung

Kubismus

(2.392 Wörter)

Autor(en): Pütz, Catherine
Stilrichtung in der Kunst, die die Zerlegung eines Motivs in geometrische Formen und die künstlerische Darstellung seines Aufbaus betreibt. Der Kubismus (von lat. cubus, Würfel) nahm Anfang des 20. Jahrhunderts in der avantgardistischen Malerei seinen Ausgang und erweiterte sich später auf Plastik, Architektur und Musik. Zu den bedeutendsten kubistischen Bildhauern zählt Jacques Lipchitz (1891–1973). Die von ihm entworfene bewegliche Formensprache erlaubte es, eine mystische, bedeutungsgeladene Kunst zu schaffen, die …

Kulturbund Deutscher Juden

(2.754 Wörter)

Autor(en): Rovit, Rebecca
Der Kulturbund Deutscher Juden wurde im Juni 1933 in Berlin gegründet, um jüdischen Künstlern und Wissenschaftlern, die aufgrund der nationalsozialistischen Rassengesetzgebung stellungslos geworden waren, zu einem Auskommen zu verhelfen. Zugleich suchte die 1935 in Jüdischer Kulturbund umbenannte Organisation durch ihr Angebot von Theateraufführungen, Konzerten, Lesungen und Ausstellungen den deutschen Juden eine kulturelle Heimat zu bieten. Sie bestand bis zur Auflösung im September 1941. Vom o…

Kulturphilosophie

(2.213 Wörter)

Autor(en): Meyer, Thomas
Die Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Kulturphilosophie suchte mit universalem Anspruch die Entstehungsbedingungen menschlicher Selbstorganisation als Geschichte zu verstehen. Sie vertrat eine erkenntniskritische Position, die die Ausdifferenzierung der Kultur und ihrer Funktionen als Ergebnis des Zusammenspiels von geistigem und praktischem Tun erforschte. Zentrale Kulturphilosophen wiesen in ihren Werken jüdische Religion und Ethik als Fundament menschlicher Kultur aus. Vor allem Ernst Cas…
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